Sankt Antonius der Einsiedler

Katholische Filialkirche
Plütscheid, Gemeinde Plütscheid Im Bruch 2 A

Beschreibung
Eine Kirche in Plütscheid ist seit 1463 bezeugt. Sie stand in der Mitte des Dorfes bei der alten Schule. Im 16. Jahrhundert wird der heilige Servatius als Kirchenpatron genannt. Ein Jahrhundert später verdrängte ihn der heilige Hubertus und noch ein Jahrhundert danach der heilige Antonius der Einsiedler. 1930 riss man das alte Gotteshaus ab, ein neues war bereits an seinem heutigen Standort in den Jahren 1928/29 erbaut und am 25. November 1929 eingeweiht worden. Plütscheid gehörte bis um 1800 herum zum Pfarrbezirk Lambertsberg der Pfarrei Waxweiler, bis man es der Pfarrei Lasel angliederte. 1933 erfolgte die Umpfarrung in die neue Vikarie Lambertsberg der Pfarrei Waxweiler, die 1947 zur eigenständigen Pfarrei St. Lambertus erhoben wurde, mit der Plütscheider Kirche als einzige Filiale.

Mehrfache Sanierungen und teilweise auch Umbauten im Innen- und Außenbereich erfolgten in den Jahrzehnten danach bis heute. Zwei neue Bronzeglocken ersetzten die alten Stahlglocken aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Eine Antonius-Statue aus rotem Sandstein fertigte und stiftete der Plütscheider Bürger Walter Schweigerer, der sich auch als tatkräftiger Initiator eines neuen behindertengerechten Eingangs einsetzte. Die gottesdienstlich gut genutzte Filialkirche der Pfarrei Lambertsberg wird von vielen Engagierten sorgsam gepflegt und instandgehalten.

Das Prachtstück der Kirchenausstattung ist das große Wandgemälde von 1953. Es erstreckt sich über die gesamte obere Hälfte der Rückwand des Altarraumes und zeigt in sehr großen Attributen die Darstellung der Kreuzigung Christi mit Maria und Johannes sowie die folgenden Heiligen: Helena, Hubertus, Antonius der Einsiedler und Matthias. In dem Strahlenkranz hinter dem Kreuz befinden sich die Taube des Heiligen Geistes und die Hände Gottvaters, die Krone haltend. Rechts und links hat der Künstler schwebende anbetende Engel angebracht.

Die Darstellung der heiligen Helena mit dem Heiligen Rock in Händen und des heiligen Apostels Matthias auf dem Plütscheider Altarbild kann darauf zurückzuführen sein, dass Helena die erste Pfarrpatronin und Matthias der zweite Pfarrpatron der Pfarrei Lasel ist, zu der die Filiale Plütscheid einst gehörte. Zudem ist Matthias der Patron des Bistums Trier. An der Seite der beiden bereits genannten Kirchenpatrone Hubertus und Antonius werden zusätzlich deren tierische Helfer gezeigt, der Hirsch und das Schwein:

Hubertus, der Nachfolger des heiligen Lambertus im Amt des Bischofs von Lüttich, bekehrte zu seiner Zeit als Missionar die heidnischen Bewohner und Jäger der Ardennen gegen den Kult um Diana, in der römischen Mythologie die Göttin der Jagd, zum christlichen Glauben. Die Legende von der eigenen Bekehrung nach dem Anblick eines Hirsches mit Kruzifix im Geweih auf der Jagd scheint dagegen vom heiligen Eustachius auf Hubertus übertragen worden zu sein. Der Hirsch an der Seite von Hubertus kann jedoch auch als Mahnung dafür angesehen werden, bei allem Handeln auf der Jagd und in der Natur maßvoll zu sein, und so den Schöpfer zu ehren, in dem seine Geschöpfe geehrt werden.

Antonius der Einsiedler wird von der Katholischen Kirche auch der „Große“ genannt, weil er sein ganzes Leben lang ein heroisches Tugendleben an verschiedenen Orten führte und gegen viele Versuchungen kämpfte. Als Begründer des christlichen Mönchtums wird Antonius auch oft als „Vater der Mönche“ bezeichnet. Sein Stab mit aufsitzendem Taukreuz und Glöckchen ist das Ordenszeichen der Antoniter, die vorwiegend der Krankenpflege dienten. Das unter seinem schwarzen Chorkleid hervorschauende Schwein steht als Symbol für seine Versuchungen, die Antonius in der Einsamkeit zu bewältigen hatte. Der spätere Antoniterorden züchtete Schweine und eines davon durfte zur Mast auf Kosten der Allgemeinheit frei herumlaufen, welches dann geschlachtet, gesegnet und den Armen geschenkt wurde.

Es sind schon beachtliche Zeichen, diese Tiere im Zusammenhang mit dem Leben und Wirken der beiden Heiligen darzustellen. Die Hinweise auf den maßvollen Umgang mit der Natur und das Geschenk an die Armen sollte zukunftsweisend auch in der heutigen Zeit die Menschen bewegen, sich nicht nur um sich selbst zu kümmern, sondern mit Tiefgang in christlicher Gesinnung zu leben und zu handeln.

Nach einigen Recherchen konnte anlässlich der Wiedereröffnung der Kirche (sie war über ein Jahr lang geschlossen wegen einer umfangreichen Deckensanierung) zum Patronatsfest im Januar 2020 auch die Signatur des in Plütscheid bisher unbekannten Malers des Wandgemäldes und zweier Seitenaltarbilder von 1956 entschlüsselt werden. Das Wappen wurde von dem schlesischen Kirchen- und Kunsthistoriker sowie Heraldiker, Pfarrer Paul Bretschneider (1880-1950) entworfen. Es zeigt ein schwarzes T (für Tarnau) auf goldenem Grund und ein Dreieck im Kreuzigungspunkt als Symbol der Dreifaltigkeit Gottes, gehört zu dem bekannten expressionistischen Kirchenmaler Alfred Gottwald (1893-1971) aus dem schlesischen Ort Tarnau. Gottwald schuf unzählige Portraits, religiöse Bilder, Graphiken und große Wandmalereien in Kirchen und Kapellen.

Die Verbindung Gottwalds zu Plütscheid kam vermutlich um 1951 herum zustande, als der Kirchenmaler im saarländischen Hemmersdorf künstlerisch tätig war. Dort wirkte zu dieser Zeit Pfarrer Christoph Schmitz (1890-1956), der in Plütscheid geboren ist und zeitlebens einen guten Kontakt zu seinem Heimatort pflegte. Damals kamen auch die 14 Kreuzwegstationen von 1835 aus der Hemmersdorfer Nikolauskirche nach Plütscheid. Die Filialkirche beherbergt ebenso den Kelch von Pfarrer Schmitz aus dem Jahr 1939, gewidmet seinem 25-jährigen Priesterjubiläum. [1]

Dreiachsige Staffelhallenkirche mit stark eingezogenem, gerade geschlossenem Chor, 1928 f. errichtet Das Äußere mit Rundbogen- und Okulusfenstern im Sinne der Reformarchitektur ganz schlicht nach Vorbildern des ländlichen Barock, über dem Westgiebel ein wuchtiger Dachreiter mit Zwiebeldach. Das Innere flach gedeckt, die Seitenschiffe durch wenige schlanke Pfeiler vom Mittelschiff getrennt. An der Chorrückwand eine bauzeitliche großformatige Wandmalerei (Kreuzigungsgruppe) in einer der byzantinischen und spätromanischen Kunst entlehnten Formensprache. [2]

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Gottwald, Alfred ((* 11. Juni 1893 in Tarnau, Schlesien; † 7. Dezember 1971 in Hille, Kreis Minden) Wandgemälde.
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Sakralbauten / Katholische Kirchen
Zeit:
1928
Epoche:
20. Jahrhundert

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.428234
lat: 50.088557
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.pluetscheid.de/

Datenquellen
[1] Michael Fischer, Malberg/Waxweiler, 2020.
[2] Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Kreis Bitburg-Prüm, 9.3 Wernersche Verlagsgesellschaft ISBN 3-88462-170-X

Bildquellen
Bild 1: © Michael Fischer, Malberg/Waxweiler, 2020.
Bild 2: © Michael Fischer, Malberg/Waxweiler, 2020.
Bild 3: © Michael Fischer, Malberg/Waxweiler, 2020.
Bild 4: © Michael Fischer, Malberg/Waxweiler, 2020.
Bild 5: Sammlung Michael Fischer, Waxweiler, 2015.

Stand
Letzte Bearbeitung: 29.03.2020
Interne ID: 11479
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=11479
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