Haus Venedig

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Brückenstr. 2 / Johannisstr. 1 B

Beschreibung
Sogenanntes Haus Venedig, ursprünglich aus zwei Häusern bestehendes Anwesen der Mitte des 17. Jahrhunderts vom Comer See eingewanderten Kaufmannsfamilie Carové.

Das dreigeschossige, zur Brückenstraße giebelständige Haupthaus über einem romanischen Keller erstellte Ambrosius Carové 1656-58. Das rückwärtige, ursprünglich nur zweigeschossige Wohnhaus wurde von Thomas Carové 1683-85 erbaut; es soll die Umfassungswände eines älteren Baus mit einbeziehen. 1777 ist der Hausname "Zu Venedig" erstmals überliefert, 1781 der Carovéische Hauskeller zu Venedig. Unter dem Krämer Johann Jakob Fischer, der das Anwesen 1796 übernahm und die Gaststätte "Zur Stadt Venedig" einrichtete, wurden beide Häuser durch einen galerieartigen Seitentrakt in der Johannisstraße miteinander verbunden. Dieser erhielt nach Entwürfen des Maurermeisters Joseph Weis von 1865 die beiden östlichen Erdgeschossfenster und zusammen mit dem Hinterhaus ein zweites Obergeschoss. Um 1874 wurde der Hotelbetrieb durch den Neubau Johannisstraße 1b erweitert, bevor das Anwesen 1907 durchgreifend saniert und 1913 von der Stadt übernommen wurde. Nach schwerer Kriegsbeschädigung, der die gesamte prachtvolle Innenausstattung des Vorderhauses zum Opfer fiel, erfolgte 1954 der Wiederaufbau mit einer übereck geführten Durchgangspassage zu der ein Jahr später eingerichteten Apotheke.

Das an der Ecke Brückenstraße/Johannisstraße errichtete Vorderhaus ist ein großvolumiger Giebelbau mit Krüppelwalmdach. Putzbau mit geohrter Sandsteingliederung. […] An der Hausecke seitlich durchfensterter Kastenerker mit der Nischenfigur des heiligen Johannes des Täufers, der auf den Namen des nördlich vorbeiführenden Straßenzugs hinweist (Original aus dem späten 17. Jahrhundert Im Städtischen Museum). Als Erkerstützen dienen kräftige Volutenkonsolen, dazwischen die Wappenkartusche mit den Insignien der Familie.

In seiner Großform stellt das Haus Venedig einer der letzten, noch in der Tradition der gotischen Giebelhäuser stehenden Vertreter des Trierer Bürgerhauses am Übergang von der Renaissance zum Barock dar. Der vermutlich im fortgeschrittenen 12. oder frühen 13. Jahrhundert entstandene romanische Keller unter dem Vorderhaus ist eine Pfeilerhalle von 2x3 kreuzgratgewölbten Jochen zwischen rundbogigen Gurten. Bemerkenswert ist in der nordöstlichen Ecke der Unterbau eines polygonalen Treppenturms. Trotz seines stark verbauten Zustandes kommt dem Keller eine hohe städtebauliche Bedeutung zu, da er die historische Bauflucht an der Einmündung zweier mittelalterlicher Straßenzüge dokumentiert. In das Parterre des Vorderhauses wurde 1955 eine hölzerne, säulengegliederte Apo­thekeneinrichtung der Neurenaissance transloziert. Das im Innern des heutigen Treppenhauses eingesetzte, 1683 bezeichnete Steinrelief mit dem Wappen der Familie Carové und den Initialen T(homas) C(arove) - FF stammt ursprünglich aus einem kleinen Anbau des rückwärtigen Wohngebäudes.

Das in der Johannisstraße anschließende Nebengebäude besitzt in der Mitte der Fassade eine rundbogige Toreinfahrt mit gesprengtem Dreiecksgiebel, darin eine Madonna mit Kind. Das unscheinbare Hinterhaus hebt sich durch einen Versprung und einen größeren Abstand der beiden Westachsen in der Front ab. Die hofseitige Längswand hat das ehem. Mittelportal bewahrt: ein Rundbogen, dessen Scheitelstein mit Familienwappen. Über dem Portal eine Maske als Schrotmaul. Im Innern sind große Teile der alten Ausstattung bewahrt: ein quer zur Johannisstraße gewölbter Einraumkeller, an den sich im Südwesten ein kleiner, ebenfalls tonnengewölbter Anraum anschließt, des weiteren der tonnengewölbte Längsflur, der das einraumtiefe Parterre in zwei gleichgroße Räume trennt. Der südliche ist kreuzgratgewölbt, der nördliche durch einen Gurtbogen in zwei querrechteckige Joche unterteilt. Der annähernd die gesamte Grundfläche einnehmende Saal (6 x 10,7 m) im ersten Obergeschoss hat eine Stuckdecke des späten 17. Jahrhunderts bewahrt, die nach Zerstörung des Lambertinums und des Palais Kes­selstatt das qualitätvollste erhalten gebliebene Beispiel barocken Deckenstucks in einem Trierer Profanbau darstellt: Zwei große Ellipsenfelder zeigen die in einer Landschaft kniende heilige Magdalena mit dem Kreuz in den Händen bzw. Maria mit dem schlafenden Kind, einem schwebenden Engel zugewandt. Eine kräftige Plastizität und breit ausschwingendes Akanthuslaub, das die Allegorien der Jahreszeiten, die Darstellung der Künste und biblische Szenen miteinander verflechtet, sind zeittypische Dekormerkmale. Die notdürftig abgestützte Decke ist dringend renovierungsbedürftig.

Der nach einem Entwurf des Maurermeisters Joseph Weis von 1874 erstellte Hotelanbau Johannisstraße 1b hat nach Kriegsbeschädi­gung seine ursprünglich portallose, spätklassizistische Fassade bewahrt, die unter Wegfall der Horizontalgesimse puristisch wiederhergestellt wurde. Die von einachsigen, knapp vorgezogenen Seitenrisaliten gefestigte, repräsentative dreigeschossige Front zeichnet sich durch die Reihung geböschter Ohrenfaschenfenster aus. [1]

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Carove, Ambrosius; Weis, Joseph sen. (Maurer- und Zimmermeister)
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wohn- und Wirtschaftsgebäude / Bürgerliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude
Zeit:
1656-58
Epoche:
Renaissance

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.63615
lat: 49.75418
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://de.wikipedia.org/wiki/Trier-Mitte/Gartenfeld

Datenquellen
[1] Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Band 17.1 Stadt Trier (Altstadt) Wernersche Verlagsanstalt Worms, 2001 ISBN 3-88462-171-8

Bildquellen
Bild 1: © Peter Valerius, Kordel, 2011.
Bild 2: © Peter Valerius, Kordel, 2011.
Bild 3: © Peter Valerius, Kordel, 2011.
Bild 4: © Peter Valerius, Kordel, 2011.
Bild 5: © Diana Hooyberghs, 2013.
Bild 6: © Peter Valerius, Kordel, 2011.

Stand
Letzte Bearbeitung: 16.11.2013
Interne ID: 168
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=168
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