Haus Proppe

Euren, Stadt Trier Hermannstraße 38

Beschreibung
[...] Die Hermannstraße in Euren beginnt an einem kleinen Platz mit der Bushaltestelle "Helenenbrunnen" und führt am Fuße des steilen Südhangs vom Mohrenkopf am Waldfrieden vorbei in Richtung Niederweiler und Trierweiler. Bevor man in den Wald kommt, ist die Straße von Ein- und Mehrfamilienhäusern gesäumt, in denen alle Zutaten der Durchschnittsarchitektur zu finden sind. Vom schmiedeeisernen Zaun über braun gewölbte Fenster bis hin zu Türmchen und der auffälligen Farbgebung der 90erJahre findet der Flaneur viel von dem, was sich das 20. Jahrhundert an Novitäten für den Wohnhausbau ausgedacht hat.
Am allerwenigsten fällt jedoch das letzte Haus am Hang auf. In schlichtem Weiß hebt sich die dreieckige Fassade mit dem beherrschenden Satteldach von der dunklen Naturkulisse ab. Die Fenster verteilen sich symmetrisch über die Fassade, an der rechten Seite ist eine offene Laube mit Pfeilern angebaut. So schlicht kommt das Haus daher, als wäre es zeitlos. Es ist das zweite Haus, das überhaupt in diesem Tal gebaut wurde.
1909 fand der Bauherr Hans Proppe hier genau das vor, was er sich als Lebensraum vorstellte und nach seinen Ideen weiter ausbaute: Viel Natur, in der er und seine zahlreichen Künstlerfreundinnen und -freunde sich verwirklichen konnten. Der 1875 in Köln geborene Proppe studierte in Mainz und Berlin Raumkunst bzw. Innenarchitektur und lehrte ab 1904 an der Trierer "Gewerblichen Fortbildungs- und Gewerbeschule", einem Vorläufer der späteren Kunst- und Gewerbeschule und heutigen Fachhochschule.
Der Architekt Heinrich Tessenow kam 1905 als Lehrer der Baugewerkeabteilung an die gleiche Schule und lebte bis 1909 in Trier. Die beiden späteren Professoren befreundeten sich, wenn sie sich nicht sogar schon aus der Studienzeit in Berlin kannten. In Trier schrieb Tessenow sein bedeutendes Werk "Der Wohnhausbau", welches ebenfalls 1909 erschien und ein für die Architektur ganz neues Konzept der reinen Sachlichkeit formulierte. Während noch weit ins erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nicht nur in Trier noch in historistischen und jugendstiligen Formen gebaut wurde, entwickelte Tessenow eine abstrakte Form von Architektur, die in ihrer Schlichtheit und ihrem Purismus avantgardistisch genannt werden kann. Die Architektur ist von jeglichen Schmuckelementen befreit und zehn Jahre vor dem Bauhaus radikal neu.
[...]
Proppe erhält 1909 die Baugenehmigung für das Haus, welches der Mittelpunkt einer Künstlerkolonie werden wird. Er terrassiert den gesamten Hügel, baut in den kommenden Jahren noch kleinere Häuser für befreundete Künstler und plant sogar eine ganze Häuserreihe entlang der Straße, welche auch an Künstler und Gleichgesinnte vermietet werden sollte.

Das Haus in Euren ist das älteste erhaltene Werk Heinrich Tessenows und das erste moderne Wohnhaus vor den Entwürfen des späteren Bauhauses. [1]

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Tessenow, Heinrich (Architekt)
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wohn- und Wirtschaftsgebäude / Bürgerliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude
Zeit:
1909
Epoche:
Historismus / Jugendstil

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.595389
lat: 49.742020
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Am Echternacherberg

Internet
http://www.ehrang.de/

Datenquellen
[1] Bettina Leuchtenberg: Hundert Jahre modern in: http://www.16vor.de/index.php/2009/03/14/hundert-jahre-modern/


Stand
Letzte Bearbeitung: 22.03.2009
Interne ID: 17108
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=17108
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