Gasthaus Zur Glocke

Mitte-Gartenfeld, Stadt Trier Glockenstraße 12

Beschreibung
Aus Steinen, die zur Dombefestigungsanlage aus dem 11 Jahrhundert gehörten, wurde das Kellergewölbe erbaut. Im Abgang zum Keller sind heute noch größere Steinquader davon zu sehen. (Bild 1) Er wurde damals vermutlich als Weinlager genutzt. (Bild 2 und 3) Der Keller liegt quer zum heutigen Gastraum und ist ca. 25 x 12 m groß. Die Situation um 1840 ist im Bild 4 zu sehen. Darauf wurde ein (Hinter)haus gebaut, von dem heute nichts mehr bekannt ist. 1567 wurden ein neues Vorderhaus und Hinterhaus erbaut. In einer Baugrube fand sich ein Eichenbrett mit 133 erhaltenen Jahresringen. Es wurde auf die Zeit um 1602 datiert. [1] Der vordere Teil wurde 1665 umgebaut, was eine Jahreszahl über einer ehemaligen Tür im Hof anzeigt.

Die Vorderfront des Hauses ist bis heute fast unverändert. (Bild 5). Aus dem Haus tritt zur Straßenseite ein aus Fachwerk gezimmerter zweistöckiger Erker hervor. Auf dessen beiden unteren Wandflächen eine Wildgans in schilfreichem Gewässer zu sehen war. Das führte zum Namen des Hauses "Zur wilden Gans" oder auch nur "Zur Gans". [2] Es lag zu dieser Zeit in der Flandergasse. Eine Reminiszenz daran ist das heutige Wirtshausschild, das eine stilisierte Gans zeigt, die eine Glocke im Schnabel trägt. (Bild 6)

Hausnamen gab es in Trier seit etwa 1240. Um 1784 erhielten die Häuser eine Hausnummer, das Haus bekam die Nr. 1131 in Trier. 1785 wurde erstmals ein Adressbuch gefertigt, in dem die Hausnummern, die Eigentümer des Hauses und die Bewohner erfasst wurden. Der erste nachgewiesene Besitzer war der Mitbürger jüdischen Glaubens Calmann Schweich, geboren um 1713 in Trier, gestorben 1773 in Trier. Im Adressbuch 1785 sind die "Calmanns Erben" als Besitzer genannt, bewohnt wurde das Haus von seinem Sohn Süßkind. [3] [s. Datensatz: Gasthaus Zur Glocke - Tiefbrunnen] Bis etwa zu dieser Zeit befand sich im Haus eine Mikwe, ein jüdisches Ritualbad. [4] Da man bis zum Wasserspiegel mindestens 7 Stufen hinabgehen musste, ist es wahrscheinlich, dass sie im Gewölbekeller gebaut war. Davon könnten heute noch vorhandene Ein-Auslaufrohre hindeuten. [s. Datensatz: Gasthaus Zur Glocke - Mikwe] Im Abgang zum Keller ist heute noch ein Tiefbrunnen vorhanden, der bis ins Grundwasser hinabreicht. An den Mauerresten ist zu erkennen, dass er damals bis ins Erdgeschoss reichte.

Nach dem Adressbuch 1797 gehörte das Haus immer noch "Der Judenschaft", war aber bewohnt von dem Hochgerichtsschöffen Johann Josef Nikolaus Nalbach. Er war am 20.9.1756 in Sankt Laurentius, als Sohn des Hofrates Johann Heinrich Nalbach und der Anna Maria Nacher, getauft worden. Er starb am 31.3.1808 in Trier.

Um 1803 ist das Haus verkauft worden und es wurde ein Wirtshaus eingerichtet. Einer der ersten Wirte war wohl Nikolaus Lamberty. Er ist in den Adressbüchern 1837 bis 1867 als Eigentümer und Wirt genannt. Um 1850 wurden die Hausnummern neu sektionsweise neu vergeben. Das Haus lag jetzt in der Sektion I Nr. 63. 1875 ist ein Johann Haas darin als Wirt genannt. Danach war ein Peter Josef Schons Wirt. Seine Witwe ist 1879 als Wirtin erfasst. 1886 gehörte das Haus dem Rentner Franz Zimmer, die Gastwirtschaft hatte er dem Bernhard Sterk verpachtet. Es lag jetzt nach Neunummerierung in der Glockenstraße 12. Ab 1896, Eigentümerin war die Wwe. von Franz Zimmer, hieß der Wirt Albert Buschmann. Bis 1906 hieß das Haus "Zur wilden Gans", es wurde neu in "Zur Glocke" umbenannt. Buschmann führte die Wirtschaft auch unter dem neuen Besitzer, dem Kaufmann B. Oberhoffer. 1909 wurde das Haus unter Architekt Franz.J. Kuhn umgebaut. Ab 1912 ist bis 1914 ist als Eigentümer Josef Blasius, whft. Krahnenufer 11, eingetragen. [5]


Straßenbildprägendes dreigeschossiges Vorderhaus mit Fachwerkobergeschossen und zweigeschossigem Fachwerkerker, 17. Jahrhundert, im Kern aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, wie das Hinterhaus 1909 umgebaut von Franz J. Kuhn, über romanischem Keller; Spolien. [7]

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Kuhn, Franz Josef (Architekt), 1909 Ingenieure Lohner unter Architekt R.P. Weidert, Umbau von 2015
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wirtschaft, Gewerbe und Verkehr / Versorgung, Gasthöfe, Hotels
Zeit:
Zweite Hälfte des 16.Jahrhunderts
Epoche:
Renaissance

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.642906
lat: 49.757653
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
https://www.romantikhotel-zur-glocke.de/de/gastronomie/

Datenquellen
[1] Mittelalterliche Eichenchronologie, Hollstein, 1980
[2] Trierische Chronik NF IV Schaefer, 1904
[3] Adressbuch der Stadt Trier 1785
[4] Mikwe: Geschichte und Architektur Jüdischer Ritualbäder, Heuberger 1992
[5] Adressbücher 1848 bis 1914 (mit Lücken)
[6] Jürgen Bier, Trier, 2022.
[7] Denkmalliste der Generaldirektion Kulturelles Erbe, Rheinland-Pfalz; 2010.

Bildquellen
Bild 1: © Jürgen Bier, Trier, 2022.
Bild 2: © Jürgen Bier, Trier, 2022.
Bild 3: © Jürgen Bier, Trier, 2022.
Bild 4: © Jürgen Bier, Trier, 2022.
Bild 5: © Jürgen Bier, Trier, 2022.
Bild 6: © Jürgen Bier, Trier, 2022.

Stand
Letzte Bearbeitung: 15.03.2022
Interne ID: 19267
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=19267
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