Gedenkstein am Sportplatz

Rengen, Stadt Daun

Beschreibung
"Willst du Frieden, so gib Frieden"
Der 31. Juli 1943, ein Samstag, war bereits angebrochen. Rund um Daun lag alles in tiefem Schlaf. Doch die friedliche Stille wurde gegen ein Uhr durch den dumpfen Lärm von Flugzeugmotoren unterbrochen. Eine Rauchwolke hinter sich herziehend, näherte sich ein großer viermotoriger englischer Halifax-Bomber von Westen her über den Hunertwald, an Boverath vorbei, der Staatlichen Domäne Rengen. Vom ohrenbetäubenden Lärm ans Fenster gelockt, erkannte Frau Kneip, die damals die Domäne mit ihrer Familie bewohnte, die riesige Gefahr, die ihrem Haus drohte.
Ihr Sohn Paul erinnert sich noch heute: "Deutlich konnte ich das riesige Flugzeug erkennen, sah, wie es einen Motor verlor. Wie ein großer dunkler Schatten kam die qualmende Maschine immer näher. Ich hatte Angst, denn ich glaubte, jetzt stürzt sie in unser Zimmer. Fast streiften die herausgefahrenen Flugzeugräder unser Dach. Wenige hundert Meter hinter unserem Haus schlug der Bomber auf der welligen Grasfläche auf und fing sofort Feuer. Die siebenköpfige Besatzung kam qualvoll in den Flammen ums Leben."
Dieses dramatische Ereignis war dem Eifelverein Daun Anlass, an der Absturzstelle einen Gedenkstein errichten zu lassen, den gefallenen englischen Soldaten zum Gedenken und den Lebenden zur Mahnung.
Am 17. Oktober 2010 trafen sich über hundert Personen zu der Einweihung des Gedenksteines. Der Vorsitzende des Dauner Eifelvereins, Siegfried Horn, konnte zahlreiche Gäste aus Politik, Behörden, Wirtschaft und Vereinen willkommen heißen.
Ein besonderer Gruß galt dem Geschäftsführer des Dauner Eifelvereins, Alois Mayer, der jenes kriegerische Geschehen recherchiert und die Idee zu dieser Gedenkstätte hatte, sowie Herrn Dr. Roy Coppack, der mit seinen Beziehungen zu England Kontakte zu Angehörigen der Opfer und dem ehemaligen Bombergeschwader geknüpft hatte.
Herzlich begrüßt wurden die Brüder John und Peter Gibson aus London, Neffen eines der sieben englischen Gefallenen, die es sich nicht hatten nehmen lassen, persönlich an dieser Feierstunde teilzunehmen.
In seiner Rede wies Herr Horn auf die Verpflichtung hin, solche schrecklichen Ereignisse nicht totzuschweigen oder in Vergessenheit geraten zu lassen. Das Vermächtnis dieser jungen gefallenen Männer solle uns Lebende an die Opfer von Krieg und Gewalt in aller Welt erinnern, ihr Tod solle uns zu weltweiter Verständigung mahnen und jeden von uns auffordern, das hohe Gut eines Friedens in Freiheit sorgsam zu pflegen und zu hüten.
Friede sei nichts Selbstverständliches, sondern eine Forderung. So lautet folgerichtig auch die Inschrift, die der Eifelverein dem Stein gab: "Willst du Frieden, so gib Frieden!"
Dann schilderte Alois Mayer die Ergebnisse seiner mehrjährigen Forschung. So starteten am 30. Juli 1943 von dem englischen Flugplatz in Breighton 273 schwere viermotorige Bomber des 78. Halifax-Geschwaders. Ihr Einsatzbefehl lautete, in der sogenannten "Battle of the Ruhr" (Schlacht ums Ruhrgebiet) die Stadt Remscheid zu bombardieren und die deutsche Industrie zu zerstören.
Bei diesem Angriff gingen 15 englische Maschinen durch Flakfeuer und deutsche Nachtkämpferverbände verloren.
Dem deutschen Piloten Johannes Hager, der ein Kampfflugzeug vom Typ Messerschmitt (Me 110) flog, gelang es, eine Halifax-Maschine aus dem Bomberverband herauszudrängen und sie flugunfähig zu schießen. Gegen ein Uhr in der Nacht näherte sich diese getroffene Maschine immer tiefer fliegend und qualmend dem Dorf Neunkirchen. Der 22-jährige Pilot Sgt. Derrick Hadwin versuchte, die schwere Maschine hochzuziehen, um nicht in das Dorf abzustürzen. Um bei einer Bruchlandung keine Munition mehr an Bord zu haben, warf die Besatzung in ihrer Notlage ihre Brandbomben ab, die auf Neunkirchen und dessen Umgebung fielen. Sie richteten große Schäden an. Zwei Häuser brannten bis zum Erdboden nieder. Drei Häuser wurden so beschädigt, dass sie unbewohnbar wurden. 16 Scheunen, darunter auch die Pfarrscheune, brannten total aus. Eine Brandbombe traf die Pfarrkirche, durchschlug das Gewölbe und zertrümmerte Teile der Kirche. Glücklicherweise war die Nacht windstill, sonst wäre das ganze Dorf den Flammen zum Opfer gefallen. Und Gott sei's gedankt, es waren keine Menschenleben zu beklagen. In großem Bogen erreichte dann der Halifax-Bomber das landwirtschaftliche Versuchsgut, die Domäne Rengen, wo er abstürzte und explodierte. In dem Flammeninferno kamen folgende Soldaten der R.A.F.V.R. (Royal Air Force Voluntary Reserve = Freiwillige Reserve der Königl. Luftwaffe) ums Leben:

Pilot: Sergeant Derrick Hadwin, 22 Jahre, aus Ulverston, Lancashire,
Bordmechaniker: Sgt. Bernard John Bond,
Navigator: Sgt. Arthur Bryce Cresswell, 24 Jahre, aus Rushall, Staffordshire;
Bombenschütze: Sgt. George Harold Irons,
Richtschütze: Sgt. Alfred Bryden Radcliffe,
Bordschütze: Sgt. James Arthur Suffield, 19 Jahre, aus Harrogate, Yorkshire.
Bordschütze: Sgt. John Charles Gibson, 18 Jahre, aus St. John's Wood, London (er war einer der jüngsten gefallenen Soldaten der gesamten englischen Luftwaffe!)

Die verkohlten Leichen wurden geborgen und auf dem Dorffriedhof Rengen in allen Ehren begraben. Die Rengener Bewohner pflegten und schmückten diese und andere Soldatengräber so, als wären es die ihrer eigenen Angehörigen.
Im Frühjahr 1947 traf eine englische Gräberkommission ein, die diese gefallenen Piloten exhumieren und auf dem Ehrenfriedhof in Rheinberg in einem Gemeinschaftsgrab beisetzen ließ.
Die Namen der bei Rengen Gefallenen sind in eine Metallplatte am Fuß des Gedenksteins eingraviert.
Nach dessen Enthüllung wandten sich die englischen Brüder John und Peter Gibson in einer bewegenden Ansprache an die Anwesenden, übermittelten Grüße vom Chef der 78. englischen Fliegerstaffel, schilderten ihre Beziehung zu dem abgeschossenen Flieger und appellierten an alle Anwesenden mit Albert Einsteins Worten: "Wir müssen vom Gestern lernen, in der Gegenwart leben und hoffen für die Zukunft."
Dann segnete Pfarrer Ludwig Gödert, Daun, den mit einem Kreuz versehenen Gedenkstein ein, erbat von allen den Friedensgruß und das gemeinsame "Vaterunser" ("und vergib uns unsre Schuld, so wie auch wir vergeben").
Die Feierstunde wurde mit würdigen und gekonnt vorgetragenen Gesängen des Kirchenchores Rengen unter Leitung von Josef Schäfer umrahmt.
Zum Abschluss versprach Winfried Schneider, Ortsvorsteher der Gemeinde Rengen, den Gedenkstein in die Obhut der Gemeinde und in die Pflege des Verschönerungsvereines Rengen zu geben.
Dieses Mahnmal, umgeben von Ziersträuchern und einer Ruhebank und an einem beliebten Wanderweg gelegen, bietet ab sofort eine gute Gelegenheit, diese Stätte als Ort der Erinnerung und Besinnung zu nutzen, als Mahn-Mal zum Frieden.
So versteht es auch die Jugend von Rengen, die sich zur Betreuung dieser Gedenkstätte verpflichtet hat.

Einordnung
Ersteller, Baumeister, Architekt, Künstler:
Eifelverein Daun.
Kategorie:
Geschichte / Marken und Male / Denkmale
Zeit:
2009
Epoche:
21. Jahrhundert

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.841300
lat: 50.234237
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Scheidchen

Internet
http://www.zauberfloete-daun.de/DiSpo/Gedenkstein_Rengen.phperric

Datenquellen
- http://www.zauberfloete-daun.de/DiSpo/Gedenkstein_Rengen.phperric
- Uwe Widera, 54550 Daun, 2011.

Bildquellen
Bild 1: © Norbert Marthen, 54550 Daun-Rengen, 2020.
Bild 2: © Norbert Marthen, 54550 Daun-Rengen, 2020.
Bild 3: © Uwe Widera, 54550 Daun, 2011.
Bild 4: © Uwe Widera, 54550 Daun, 2011.
Bild 5: © Uwe Widera, 54550 Daun, 2011.
Bild 6: © Uwe Widera, 54550 Daun, 2011.

Stand
Letzte Bearbeitung: 22.07.2020
Interne ID: 23031
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=23031
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