Aufgelassener Wasserhochbehälter

Oberbillig, Gemeinde Oberbillig Lerchenweg

Beschreibung
100 Jahre zentrale Wasserversorgung Oberbillig
Aufgelassener Hochbehälter

Am Anfang der heutigen Wohnstraße Lerchenweg liegt bergseitig der aufgelassene Hochbehälter der ursprünglichen zentralen Wasserversorgung der Gemeinde Oberbillig. Er wird in Oberbillig "Bassing" (moselfränkisch, vom französischen bassin = Wasserbecken, Wanne) genannt.

Wie lange die für das zweite Jahrhundert n. Chr. nachgewiesene, vom heutigen Heidenborn in die damals bestehende römische Ansiedlung - aus der sich Oberbillig entwickelt hat - führende gemauerte Wasserleitung in Betrieb war, ist nicht bekannt. In der Neuzeit wurde die Trinkwasserversorgung im Dorf aus privaten Hausbrunnen und öffentliche Ziehbrunnen sicher gestellt. Davon zeugt heute noch der Straßenname Pützstraße (Pëtzgaass). Brauch- und Löschwasser wurde damals teilweise aus dem am westlichen Ortsrand verlaufenden Leimbach - falls dessen Wasserführung ausreichend war - hauptsächlich aber aus der Mosel entnommen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Einwohnerzahl von Oberbillig von 362 im Jahr 1871 auf 578 im Jahr 1905 angestiegen. Die herkömmliche Wasserversorgung aus Brunnen bzw. aus der Leimbach und aus der Mosel war nicht mehr ausreichend. Die Gemeinde hat daher 1906 beim Kreisingenieur die Planung einer zentrale Wasserversorgung bestehend aus zwei Quellfassungen, dem unten näher beschriebenen Hochbehälter und dem Ortsnetz in Auftrag gegeben. Nach Genehmigung durch den staatlichen Meliorationsinspektor im Juli 1909 wurde das Projekt zügig ausgeführt. Insgesamt wurden die beiden Quellfassungen, ein Druckunterbrechungsschacht und der Hochbehälter gebaut, 4900 lfdm Rohrleitungen verlegt und 85 Häuser angeschlossen. Nach dreijähriger Bauzeit ging die neue Wasserversorgung, das bis dahin größte Bauprojekt der erst 90 Jahre alten Gemeinde Oberbillig, 1912 in Betrieb. In Oberbillig war ein neues Zeitalter angebrochen.

Die östlich vom Hochbehälter gelegene Quelle I wird von einer Schichtquelle gespeist, die nach Funden von Tonscherben bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. genutzt wurde. Ihr Wasser wird heute in die Brunnenanlage Heidenborn geleitet. Von dieser Quellfassung, die nur einige Meter höher liegt, führt eine rd. 150 Meter lange Leitung zu dem auf rd. 175 Meter über Normal-Null gelegenen Hochbehälter.

Die Quelle II liegt 2500 Meter südwestlich der Ortslage in der Gewanne "Auf Fallert" höhenmäßig rd. 280 Meter über Normal-Null. Sie ist eine Flachquelle. Heute wird sie von der Betreibergesellschaft Wassergewinnung Oberbillig "Auf Kottert" (GbRmbH) für die Versorgung von 12 Wochenendhäusern genutzt. Das dort gewonnene Wasser wurde damals mit natürlichem Druck im "Kotterter Weg" zu Tal, an der Wottelbach unter Bahnlinie hindurch und weiter in der Straße "In den Kehrten" bis an das Ortsnetz ("In der Olk") und dann durch das Ortsnetz in den Hochbehälter geleitet.

Der Hochbehälter ist in den Hang hinein gebaut und bis auf die Fassade mit Erde überdeckt und begrünt. Er hat zwei Kammern mit jeweils 40 cbm Inhalt, wobei in einer Kammer eine Brandreserve von 20 cbm vorgehalten wurde. Er liegt rd. 20 Meter höher als die obersten Häuser der damaligen zwischen 130 und 155 Meter über Normal-Null aufsteigenden Ortslage.
"Ins Auge springt" die imposante, absolut symmetrische gegliederte Fassade in der Manier der Neurenaissance. Das regelmäßige Schichtenmauerwerk aus gebossten roten Wasserliescher Sandsteinen ist von symmetrisch eingesetzten hochkant stehenden Steinen, deren Länge der Höhe zweier Schichten entspricht, optisch aufgelockert. Mittig überragt ein vorspringender Giebel mit der Eingangstür die seitlichen Wandflächen. Er ist mit einem Dreiecksgesims aus profilierten, vorspringenden Platten abgedeckt. Zu der höher liegenden Eingangstür führt die sechsstufige Treppe, die von gemauerten, mit dicken Steinplatten abgedeckten Wangen eingefasst ist. Die baufälligen Treppenstufen wurden neuerdings durch rötlich eingefärbte Stufen aus Kunstbeton ersetzt. Über der Tür ist eine Sandsteinplatte eingelassen mit der eingemeißelten Aufschrift
WASSERWERK
OBERBILLIG

Die seitlichen Wandflächen sind mit Platten abgedeckt, die zum Giebel hin nach oben gerundet sind. Nach außen werden die Wandflächen von vorspringenden Pfeilern abgeschlossen, die allseitig überragende profilierte Platten tragen.

Nachfolgend eine kurze Schilderung der weiteren Entwicklung der Wasserversorgung von Oberbillig:
1933 hatte Oberbillig 653 Einwohner, 355 Stück Großvieh (Pferde und Kühe), und 115 Stück Kleinvieh (Schweine und Ziegen). Der tägliche Wasserverbrauch betrug 60 cbm. Dies war mehr als die bisher genutzten Quellen schütteten. Die Gemeinde ließ daher 1934 vom Kreisbauamt einen Plan für eine Erweiterung mit einer weiteren Quellfassung und einem Pumpwerk aufstellen. Dieser Plan wurde im selben Jahr von Kulturbaubeamten geprüft und von der Bezirksregierung genehmigt, sodass unmittelbar mit der Bauausführung begonnen werden konnte. Die Erweiterung umfasste, die Erschließung einer zusätzlichen, 1100 Meter südwestlich des Ortes, nahe der Wottelbach 148 Meter über Normal-Null gelegenen Quelle, den Bau eines Pumpenhauses an der dortigen Bahnbrücke und den Neubau der Zuleitung von dort durch die "Kehrten" bis ans Ortsnetz. Die minimale Schüttung der Quelle betrug 170 cbm/Tag. Damit war die Versorgung von Oberbillig mengenmäßig vorerst sichergestellt. Anfang der 1960er Jahren entsprach diese erweiterte Versorgung hinsichtlich des Dargebots besonders aber auch aus hygienischen Gründen nicht mehr den modernen Anforderungen. Die Gemeinde betrieb daher die Erkundung des Grundwasserdargebots im Albachtal auf der Gemarkung Wasserliesch. 1969 ließ sie dort erste Erfolg versprechende Probebohrungen durchführen.

Die im Zuge der Verwaltungsvereinfachung in Rheinland-Pfalz neu gebildete Verbandsgemeinde Konz übernahm 1970/71 die Durchführung der weiteren Bohrarbeiten. Es wurden fünf erfolgreiche Bohrungen niedergebracht und zu Tiefbrunnen ausgebaut. Auf dieser Grundlage wurde die Gruppenwasserversorgung Konz-Obermosel gebildet, die seit April 1974 die Orte Oberbillig, Temmels und Wellen und zeitlich versetzt auch die Unterzone der Stadt Konz, Nittel, Könen und Wasserliesch versorgt. Damit wurde der Hochbehälter Oberbillig nach rd. siebzigjähriger Betriebszeit "außer Dienst" gestellt. Er wird von der Ortsgemeinde Oberbillig als wertvolles Zeugnis der Dorfentwicklung erhalten.

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wasserversorgung /
Zeit:
1912
Epoche:
Historismus / Jugendstil

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.508743
lat: 49.708260
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: In der Gleis

Internet
http://www.oberbillig.de/

Datenquellen
Karl-Heinz Zimmer, Edgar Birringer, Oberbillig Juli 2011. Datenquelle: Heimat- und Verkehrsverein Oberbillig, Der Heidenborn und seine Geschichte, Oberbillig, Mai 1979.

Bildquellen
Bild 1: Edgar Birringer, Oberbillig, 2011.
Bild 2: Edgar Birringer, Oberbillig, 2011.
Bild 3: © Karl-Heinz Zimmer, 2011. http://familiezimmer.net/khzsenior/parser/parser.php?file=/khzsenior/startseite.htm
Bild 4: © Karl-Heinz Zimmer, 2011. http://familiezimmer.net/khzsenior/parser/parser.php?file=/khzsenior/startseite.htm

Stand
Letzte Bearbeitung: 19.07.2011
Interne ID: 23335
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=23335
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