Jüdischer Friedhof (1)

Im alten Sarresdorfer Friedhof
Gerolstein, Stadt Gerolstein Am Auberg / Sarresdorfer Straße

Beschreibung
Der jüdische Friedhof von Gerolstein und die Geschichte der jüdischen Gemeinde
Von Lutz Engelskirchen

1. Der jüdische Friedhof

Der jüdische Friedhof legt Zeugnis ab von der kurzen Existenz der kleinen jüdischen Gemeinde Gerolsteins. Diese entstand - von einzelnen Erwähnungen jüdischer [...] aus früheren Jahrhunderten abgesehen seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Aus diesem Umstand erklärt sich das relativ geringe Alter des Friedhofs, dessen Geschichte im Jahre 1892 begann und auf dem bis zum Jahre 1940 bestattet wurde. Im Jahre 1892 erwarben sieben jüdische Mitbürger der Stadt eine Parzelle Land nahe der Straße Am Auberg und bestimmten, dass auf diesem Grundstück zukünftig die jüdischen Mitbürger bestattet werden sollten. Der Friedhof hat 14 Grabstätten; acht sind Einzelgräber, fünf Doppelgräber und ein sehr breites Familiengrab. Zwei der fünf Doppelgräber sind nur mit einer Person belegt, sie künden von der Tragödie des deutschen Judentums in unserem Jahrhundert: Die Ehefrauen der hier ruhenden Heinrich Levy und Norbert Baum wurden nicht in heimatlicher Erde bestattet; sie starben in der Deportation.

Dies sind die Namen der hier bestatteten Gerolsteiner Juden:

Alexander und Helene Levy
Hermann und Babette Levy
Berta Baum
Max Rothschild (Stadtkyll)
Familie Simon Baum
Sigmund Baum und - unbekannt -
Hermann und Mina Levy
Johanna Baum
Norbert Baum
- unbekannt -
Daniel Ermann
Adele Baum
Michael Ermann
Heinrich Levy
Albert Levy

Es sind Namen von Gerolsteiner Bürgern, die vielen älteren Einwohnern der Stadt auch heute noch in Erinnerung sind.

Auf Anordnung der nationalsozialistischen Reichsregierung wurden ab 24. Mai 1941 die jüdischen Kultusgemeinden in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland eingegliedert, der am 22. Februar 1943 auch die Friedhofsparzelle in Gerolstein grundbuchlich überschrieben wurde. Bereits am 6. Mai 1944 ging das Eigentum des Friedhofes aber auf den Oberfinanzpräsidenten in Köln über, ein - wie die Wiedergutmachungskammer in Trier im November 1950 entschied - illegaler Vertragsakt. Damit wird die jüdische Gemeinde zu Trier wieder Eigentümerin der Friedhofsparzellen. Der Gerolsteiner Friedhof gehört zu den wenigen jüdischen Friedhöfen, die einer völligen Verwüstung entgingen. Nach mutwilligen Beschädigungen in den Jahren 1938/39 und der allgemein schlechten Pflege während der Kriegsjahre, wurde er 1957 von der Stadt Gerolstein wieder instand gesetzt.

Am 9. Juni 1989 wurde das gesamte Friedhofsareal unter Denkmalschutz gestellt: Der Friedhof ist in seiner Gesamtheit ein Zeugnis der jahrhundertealten jüdischen Kultur in der Eifel sowie des menschlichen und kulturellen Verlustes infolge der Ereignisse in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft von 1933 bis 1945. An seiner Erhaltung und Pflege besteht aus allgemeingeschichtlichen und geistesgeschichtlichen Gründers sowie zur Förderung des geschichtlichen Bewusstseins der Bevölkerung ein öffentliches Interesse, so die Begründung der Denkmalschutzbehörde und des Landrates K.-A. Orth.

Hier soll noch darauf hingewiesen werden, dass der jüdische Friedhof Gerolsteins mit dem - gleichfalls unter Denkmalschutz stehenden Judde-Kirchhof nahe der Kasselburg nichts gemein hat. Hierbei handelt es sich um ein keltisch-römisches Heiligtum; das Dialektwort Judde beschreibt hier wohl die nichtchristliche Herkunft dieses Bodendenkmals. Als Endprodukt einer Lautverschiebung von Jott (=Taufpatin) nach Jud mag das Wort aber auch einen Anklang an die dort ehemals verehrte Muttergottheit, die Dea Caiva, darstellen.

Siehe auch den Datensatz: Gerolstein - Geschichte der jüdischen Gemeinde

Einordnung
Kategorie:
Naturobjekte / Parks, Gärten und Friedhöfe / Jüdische Friedhöfe
Zeit:
1892
Epoche:
Historismus / Jugendstil

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.65194
lat: 50.22395
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Am runden Pesch

Internet
http://www.ak-gegen-rechte-gewalt.de

Datenquellen
Lutz Engelskirchen: Der jüdische Friedhof von Gerolstein und die Geschichte der jüdischen Gemeinde.

Bildquellen
Bild 1: © Klaus Heller, Dreis-Brück. 2002 http://www.ak-gegen-rechte-gewalt.de
Bild 2: © Klaus Heller, Dreis-Brück. 2002 http://www.ak-gegen-rechte-gewalt.de
Bild 3: © Klaus Heller, Dreis-Brück. 2002 http://www.ak-gegen-rechte-gewalt.de
Bild 4: © Klaus Heller, Dreis-Brück. 2002 http://www.ak-gegen-rechte-gewalt.de

Stand
Letzte Bearbeitung: 25.08.2014
Interne ID: 2932
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