Marienkapelle

Burscheid, Gemeinde Berkoth Burscheider Straße

Beschreibung
In Burscheid, dem kleinsten Dorf in der Eifel, stand vor Zeiten eine Kapelle, die dem Vernehmen nach aus dem 16. Jahrhundert stammte. Meist waren solche Kapellen einem Schutzheiligen geweiht – wer das für Burscheid war konnte bislang leider noch nicht herausgefunden werden. Diese ältere Kapelle zerfiel wohl, und als im Jahre 1895 die Hofanlage Lenertz erweitert wurde, wurden auch die letzten Reste beseitigt. Die Vorletzten, muss man sagen: unter dem jetzt gepflasterten Hof liegen die Grundrisse der Mauern.

Als gegen Ende des 20. Jahrhunderts das Gemeindehäuschen nicht mehr genutzt wurde (davor war darin die Viehwaage, die gemeindeeigene Unkrautspritze und die Feuerwehrschläuche), beschloss der Grundstücks -besitzer, innerhalb der Mauern eine Kapelle im Stil alter Eifel – Kapellen zu errichten. Dies gelang so gründlich, dass auch Besucher aus der Gegend überzeugt sind, dass diese Kapelle schon immer dort gestanden habe. Rundbogenfenster mit Wasserschlagkante in romanischem Stil. Sandstein und Kalkverputz im Stil des Zahrenhofes (1. Hälfte 18. Jahrhundert) und des Backhauses, die Einrichtung klar und einfach.

Zentral ist die erhöht auf einer Konsole angebrachte Marienfigur. Maria als Königin, die Hoheit und das Edle ausgedrückt durch eine Krone und das goldfarbene Gewand; als "Mutter Gottes" präsentiert sie die vom Kreuz gekrönte Kugel, die gleichzeitig die Welt und die Königswürde (als Reichsapfel) dargestellt. Ihr Blick ruht auf dem Kind und deutet damit an, dass nicht sie selbst Göttin ist, sondern Jesus Gott. Der Blick des Kindes ruht auf dem knienden Betrachter und segnet mit der Linken die Weltkugel, mit der Rechten den betenden Menschen.

Links und rechts vor dem Sakralraum und Rückwärts über der Eingangstür befinden sich Gemälde von Heiligen, die in diesem Teil der Eifel traditionell verehrt wurden. Sankt Nikolaus (als Bischof, er trägt auf der Bibel einen Beutel mit Geld, mit dem er die Töchter einer Familie "kaufte" und sie vor der Prostitution rettete), Sankt Firminus als Bischof, auf dem Bild über der Tür links Sankt Sebastian als Märtyrer, Sankt Hubertus als Bischof mit der Heiligen Schrift und dem Hirsch, der nach der Legende ein leuchtendes Kreuz zwischen den Geweihstangen trug, und Sankt Rochus als Pilger mit dem Wanderstab, der Jakobsmuschel und der Pestwunde am Knie (der Legend nach kam jeden Tag ein Hund und brachte ihm ein Brot). Ein derzeit nicht ausgestelltes Rundbild der Schmerzhaften Madonna, deren Herz nach einem Wort der Schrift von sieben Schwestern durchbohrt wird, gehört zu dem Gemäldezyklus.

Diese Gemälde haben ihre eigene Geschichte: Im Kirchturm einer benachbarten Gemeinde fanden sich "ein paar Bleche", auf denen Bilder waren – allerdings in einem äußerst schlechten zustand. Teile der Schrift und der Gewänder waren völlig verschwunden, der Firniss war "Krepiert", das heißt der Decklack sah aus wie Staub. Durch die Beratung eines Restaurators des Diözesan-Museums in Köln (Dr. Mathé) war dann klar, dass es sich um Neo-Gotische Gemälde des Historismus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts handelte. Die Gemälde wurden aufwendig (und kostspielig !) restauriert, gotische Profile von Bilderrahmen des Museums wurden begutachtet, ein Kunstschreiner aus Trier (Peter Schmidt) und ein Restaurator aus Neuerburg (Norbert Klinkhammer) stellten die Rahmen, die passende Patina und die Blattvergoldung her.

Wenn der ganze Vorgang auch aufwendig war, so bestätigt das Ergebnis doch, dass es sich gelohnt hat. Die Kunst des 19. Jahrhundert wurde von der Kunstgeschichte lange unterschätzt, so dass viele Werke nicht entsprechend gepflegt wurden oder überhaupt abhanden kamen. Die Heiligengemälde der Burscheider Kapelle sind damit eine echte Wiederauffindung.

Der kleine Handgeschgeschnitzte Holzaltar stammt aus Brabant (ca. Mitte 19. Jahrhundert) und trägt auf der Vorderseite Mariensymbole: das Herz für die Innigkeit der Gefühle und die Frömmigkeit, die Flammenkrone für die Intensität, links zwei gekreuzten Lilien als Symbol der reinen Tugend (neben der Rose die Marienblume), mittig das durchbohrende Schwert und der Hinweis auf den Kreuztod Jesu, rechts den Rosenkranz. Betstühle aus Köln aus den 1930er – Jahren und einfache handgearbeitete Stühle aus der gleichen Zeit genügen neben dem Notenständer für das Fürbittenbuch und die Opferkerzen (USA, 19. Jahrhundert) als Einrichtung. Ein Friedhofskreuz aus der Mitte des 19. Jh. (Donation Klinkhammer, Neuerburg) und ein kleines Kreuz mit Elfenbeinkorpus aus der Mitte des 18. Jahrhunderts (Donation Dr. Biela und U. Biela) tragen weiter zur stillen, sakralen Atmosphäre des Kapellenraumes bei. Das außen rechts der Eingangstür angebrachte Granitkreuz stammt aus der Pfalz (Donation W. und D. Schmitt)

Die hinter der Kapelle angelegte Fläche erinnert mit Buchs- und Eiben – Einfassung sowie älteren Kreuzen an einen kleinen Friedhof. Der zur Straße hin angelegte Rosengarten mit Buchs-Einfassung und Buchenhecke entspricht in der Kreuzform mit Mittelrondell einem klösterlichen Wandelgarten.

Die Burscheider Marienkapelle und der Rosengarten soll Platz sein für Menschen, die unabhängig von religiöser Zugehörigkeit und Orientierung Momente der Stillen Besinnung und Konzentration suchen, und ermöglichen, die hier gefundene heitere Ruhe in den Alltag zu tragen.

[Heinz Peters, 06/2007.]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Sakralbauten / Kapellen
Zeit:
1965-67
Epoche:
20. Jahrhundert

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.351915
lat: 50.037385
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: Ortslage

Internet
http://www.zahrenhof.de/kapelle.htm

Datenquellen
Heinz Peters, 06/2007. http://www.peterskoelneifel.de/index.htm

Bildquellen
Bild 1: © Helmut Bauer, Trier, 2014.
Bild 2: © Helmut Bauer, Trier, 2014.
Bild 3: © Helmut Bauer, Trier, 2014.
Bild 4: © Helmut Bauer, Trier, 2014.
Bild 5: © Helmut Bauer, Trier, 2014.
Bild 6: © Helmut Bauer, Trier, 2014.

Stand
Letzte Bearbeitung: 06.08.2014
Interne ID: 34949
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=34949
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