Ehemalige Gipsgrube Ottilie

Oberbillig, Gemeinde Oberbillig

Beschreibung
In der Merter Lay wurden nachweislich schon seit Jahrhunderten Kalksteine gebrochen und mittels hölzernen Schlitten in künstlichen Schlittenbahnen zu Tal verfrachtet. Bereits in der Tranchotkarte (1803 - 1820) sind diese Schlittenbahnen, künstlich aufgeschütteten Hügel und Schluchten, eingezeichnet.

Ein schriftlicher Nachweis findet sich in der Schulchronik. Hier wird für das Jahr 1905 berichtet, dass die Firma Weis & Com. aus Metz einen Pachtvertrag mit der Gemeinde abgeschlossen hat, um auf die Dauer von zehn Jahren die Kalksteinbrüche wieder in Betrieb nehmen zu dürfen. Dafür mussten sie vier Jahre 2000 Mark jährlich Pacht entrichten und weitere sechs Jahre 3000 Mark jährlich. Es wurden zu Beginn 70 Beschäftigte eingestellt!

Nur ein Jahr später, im Jahr 1906, sank die Zahl der Beschäftigten bereits wieder auf Zehn.

Unter den, in den oberen Schichten anstehenden Kalkstein, wurde in der Merter Lay aber auch Gipsgestein Untertage abgebaut.

Dies geschah in der Grube Ottilie.
Die Namensgebung Ottilie lässt verschiedene Deutungen zu. So ist der Name eine Verkleinerungsform von Namen mit den althochdeutschen Namenselement ot "ererbter Besitz", "der Reichtum". In der Abwandlung Odilia wird sie als Schutzpatronin des Augenlichts verehrt. Größte Verbreitung in Deutschland als Mädchenname hatte der Name in den 1890er Jahren.

Heute kann die Grube nur in Teilen anhand von Abbaukarten genau datiert werden. Der weit größte Teil des Abbaus fand dabei von 1925 bis ins Jahr 1930 statt. Auch wenn die Aufzeichnungen im Jahre 1930 enden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch danach noch ein Abbau stattgefunden hat.

Zu Beginn wurde ein im Eingang gemauerter [Bild 1] rund 70 Meter langer Stollen in den Berg hineingetrieben. Dieser hatte drei wenige Meter lange Abzweige (Tunnel) Richtung Oberbillig Ort. Der eigentliche Abbau fand aber in entgegengesetzter Richtung (Temmels) statt. Dabei wurde im Kammerpfeilerbau Gips abgebaut. Beim Kammerpfeilerbau wird immer nur die Hälfte des Gipsgesteins abgebaut, die andere Hälfte bleibt als Pfeiler stehen, um das über der Grube befindliche Gebirge dauerhaft zu tragen. Die Grube Ottilie wurde von insgesamt 16 Pfeilern mit bis zu 10mx10m Größe gestützt. Durch den Abbau entstand eine Kammer auf bis zu 40 Meter Breite und rund 120 Meter Länge.
Das abgebaute Gipsgestein wurde mittels einer Schmalspurbahn in Loren aus der Grube ausgefahren.
Außerhalb der Grube mussten die Loren erst eine 40 Meter lange künstliche Schlucht durchqueren, um dann über eine zweispurige Bahn quer zum Hang talwärts zum Abtransport an die Mosel gefahren zu werden. Dabei wurde die Kraft der talwärts fahrenden Lore genutzt, um die leeren
Loren wieder auf der zweiten Spur hochzuziehen. Dies geschah mittels Seilzügen über ein Bremshaus am Ende der Schlucht. Neben dem Bremshaus befand sich noch ein Aufenthaltsraum. [Bild 2] Beide sind heute verfallen, aber noch sichtbar.

Das abgebaute Gestein wurde vorwiegend im Winter, wenn die Wassertiefe der Mosel es zuließ, per Schiff abtransportiert.

Weite Teile der Grube sind in den letzten 30 Jahren eingestürzt. Auch der noch bestehende Teil der Grube ist sehr stark einsturzgefährdet und sollte keinesfalls heute noch betreten werden. Aufgrund ihrer abgelegenen Lage und guten Bedingungen, dienen die heute noch bestehenden Reste der Grube seltenen und geschützten Fledermausarten als Lebensraum und Winterquartier. [1]

Laut § 39 des Bundesnaturschutzgesetzes beginnt die Fledermausschutzzeit am 01. Oktober und endet am 31. März. In diesem Zeitraum ist das Betreten von Höhlen, Grotten, Bunkern, Stollen und anderen potentiellen Winterschlaf-Behausungen von Fledermäusen gesetzlich untersagt.

[Redaktion]

Einordnung
Kategorie:
Bau- und Kunstdenkmale / Wirtschaft, Gewerbe und Verkehr / Rohstoffgewinnung und -verarbeitung
Zeit:
1812
Epoche:
Klassizismus

Lage
Geographische Koordinaten (WGS 1984) in Dezimalgrad:
lon: 6.485454
lat: 49.697234
Lagequalität der Koordinaten: Genau
Flurname: In der Merter Lay

Internet
http://www.oberbillig.de/

Datenquellen
[1] Christian Birringer, Oberbillig, 2024.
[2] Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und von Müffling (1803-1820) Blattnummer: 225 von 1817, 226 von 1812 Blattname: Temmels / Konz, Aufnahme: 225 Leutnant Reiche, 226 Ing. Geograph Kolb. © GeoBasis-DE / LVermGeoRP 2016, dl-de/by-2-0, www.lvermgeo.rlp.de

Bildquellen
Bild 1: © Christian Birringer, Oberbillig, 2024.
Bild 2: © Christian Birringer, Oberbillig, 2024.

Stand
Letzte Bearbeitung: 24.04.2024
Interne ID: 4128
ObjektURL: https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=4128
ObjektURL als Mail versenden